Seemotive :
|
Moby Dick, Mythos und Wahrheit!
| |
|
Die großen Wale mit ihren massigen Körpern haben die Menschen schon seit frühester Zeit fasziniert.
In der Vergangenheit rankten sich eine Vielzahl von Legenden und Mythen um diese riesigen Tiere.
|
Auf alten Darstellungen
sind die Wale oft mit zwei Rüsseln zu sehen, aus denen sie das Wasser ausstossen.
Auf dieser Marke versucht eine
Besatzung sich gegen zwei Wale zu wehren, indem sie die Tiere mit Fässern bewerfen.
Ausschnitt aus dem Island Block.
|
|
|
Der Roman 'Moby Dick' von Hermann Melville beruht auf wahren Begebenheiten.
Es gab einen Pottwal, der von
den Walfängern 'Mocha Dick' genannt wurde. Den Namen 'Mocha' bekam er, weil er zuerst bei den Mocha Inseln
vor Chile Walfänger angriff. Er war grau und hatte eine 2,5m lange, weisse Narbe quer über den Kopf.
Zwischen 1810 und 1859 zerstörte dieser Wal Dutzende von Fangbooten und griff sogar die grossen Walfangschiffe
an. 1830 schrieb ein Chronist, Mocha Dick's Haut wäre "weiss wie Wolle".
|
Die Bark "Essex" wurde 1820 von einem
Pottwal versenkt, es könnte 'Mocha Dick' gewesen sein.
Diese beiden Tatsachen verwob Herrman Melville zu seinem Roman 'Moby Dick'.
|
|
|
Der amerikanische Schriftsteller Herman Melville lebte von 1819 bis 1891. Er war drei Jahre
Matrose auf Walfangschiffen und fuhr auch auf der Fregatte "United States" der amerikanischen Kriegsmarine.
Melville schrieb realistisch aber auch immer mit einem dichterisch-religiösen Sehertum.
Er verfasste fünf
erfolgreiche Romane über die Seefahrt und das Leben in der Südsee.
Als er dann
das Buch des 1. Steuermanns Owen Chase über die Fahrt der "Essex" gelesen hatte schrieb er seinen
Roman 'Moby Dick', der 1851 erschien.
|
|
|
Zum Roman:
Ein Matrose namens Ismael und sein schwarzer Freund Quequeg, der Harpunier ist, mustern in Nantucket
auf dem Walfänger "Pequod" an. Das Schiff wird von einem Kapitän Ahab geführt, der nur
noch ein Bein hat (rechte Marke).
Das andere hat ihm 'Moby Dick', der weisse Wal abgerissen. Stattdessen hat er dort jetzt eine Prothese aus einem
Knochen eines Pottwales. Um diesen finsteren Kapitän ranken sich düstere
Geschichten. Ismael hört eine Prophezeiung: "Alle Männer werden Land riechen, wo kein Land ist und
die "Pequod" wird untergehen. Ahab wird sterben und wieder auferstehen und alle bis auf einen werden ihm
ins Grab folgen!"
|
|
Während der Fahrt stellt sich heraus, dass Kapitän Ahab garnicht so am normalen Walfang interessiert ist.
Er sucht nur einen bestimmten Wal, und zwar 'Moby Dick'. Er nagelt eine Golddublone an den Mast, die der bekommt, der
zuerst den weissen Wal sichtet. Dann muss die Besatzung schwören: "Tod dem weissen Wal!"
Obwohl sie in den folgenden Wochen einige Wale fangen, ist 'Moby Dick' nicht dabei.
Doch eines Tages im Pazifik kommt 'Moby Dick' in Sicht (linke Marke)! Die Boote werden zu Wasser gelassen,
die Jagd beginnt. Doch der weisse Wal taucht und verschwindet. Aber Ahab hat eine selbst erstellte Karte mit
Positionen, wo überall 'Moby Dick' gesichtet wurde. Er weiss, in welcher Richtung 'Moby Dick' ziehen wird.
|
|
Einige Marken zur Mannschaft der "Pequod".
Von links Kapitän Ahab, der Matrose Ismael und der 2. Steuermann Stubb.
|
Der Mann von der Insel Man mit seinen düsteren Prophezeiungen, Harpunier Quequeg und der 1. Steuermann
Starbuck, ein aufrechter Walfänger und Gegenspieler von Kapitän Ahab.
|
|
|
|
Sie treffen verschiedene andere Walfänger, die 'Moby Dick' gesehen haben, ihn aber nicht harpunieren
konnten.
Der besessene Kapitän Ahab jagt mit der "Pequod" dem weissen Wal hinterher. Dabei schlägt er sogar
ein Hilfegesuch eines anderen Walfangkapitäns aus, dessen Sohn beim Walfang in einem Boot abgetrieben ist.
Ahab's blinder Hass auf 'Moby Dick' ist so gross, dass ihn Menschenleben nicht interessieren.
|
Und eines Tages ist es dann soweit, sie treffen wieder auf 'Moby Dick'.
Sie greifen ihn mit drei Booten an, selbst Ahab
schleudert eine Harpune auf 'Moby Dick'. Dabei verheddert er sich in der Fangleine.
|
|
|
Als 'Moby Dick' taucht wird Ahab mit in die Tiefe gerissen. Und genau nach der Prophezeiung taucht Ahab,
verstrickt am Körper des Wales wieder auf, Marke rechts oben.
Als die Harpunen von den anderen beiden Booten geworfen werden zerschlägt der Wal
mit seiner Fluke die Boote (Marke links). Dann wendet er sich gegen die "Pequod" und rammt sie zweimal.
Die Planken werden aufgerissen und das Schiff versinkt.
Nur Ismael, der sich an den Sarg des Harpuniers klammert, wird von einem vorbeikommenden Walfänger gerettet.
|
Zur Fahrt der "Essex" und einige Daten zum Schiff:
- Hölzerne Dreimastbark, Walfänger
- gebaut um 1800 in Nantucket, Massachusetts
- L * B * T   =   ca. 28m * 8m * 5m
- 238 Tonnen Ladekapazität
- Besatzung 21 Mann
- drei Beiboote für die Waljagd
Die "Essex" war ein kleines, aber robustes Schiff, dass schon 19 erfolgreiche Jahre im Walfang hinter sich hatte,
als ihre letzte Fahrt begann.
Auf der Marke rechts ist der Walfänger 'Charles W.Morgan' abgebildet, der in etwa der "Essex" entsprach.
|
|
|
Am 12. August 1819 läuft die "Essex" von Nantucket aus mit Ziel zu den Walfanggebieten im Pazifik.
Kapitän ist George Pollard, 29 Jahre alt, 1. Steuermann ist Owen Chase, 22 Jahre alt, der Tagebuch führt
und auch später das Buch über die Reise schreiben wird.
|
|
|
Schwere Stürme muss die Besatzung bei Kap Hoorn überstehen, so dass sie erst 1820 die
Westküste von Peru erreichen. Sie fangen über 20 Wale und segeln zu den Galapagos. Hier
füllen sie ihren Proviant um ein paar hundert Meeresschildkröten auf.
|
Am 20. November 1820 verfolgen die Männer der "Essex" in ihren Booten eine Gruppe von Pottwalen.
Als Owen Chase in einen Wal seine Harpune schleudert, dreht sich das Tier auf die Seite und haut mit seiner Fluke
ein Loch in die Planken.
Mit einem Beil durchtrennt Chase das Seil und das Boot kommt frei. Mit Jacken stopfen
sie das Leck und pullen zum Schiff zurück.
Kaum sind sie an Bord, sehen sie einen riesigen, gut 26m langen Pottwal,
der auf das Schiff zu kommt.
|
|
|
|
Trotz eines Rudermanövers rammt der Wal das Schiff. Wasser strömt in den
Rumpf der "Essex". Und der Wal kommt wieder!
Ein zweitesmal kracht der Pottwalschädel in das Schiff.
Die "Essex" beginnt zu sinken. In fieberhafter Eile werden Proviant, Wasser, Navigationsinstrumente, Masten, Segeltuch,
Gewehr und Werkzeuge auf die drei Boote gebracht. Mit denen steuern sie einen südöstlichen Kurs um das Festland
von Südamerika zu erreichen.
|
Nun beginnen Leid und Schrecken in den drei Booten. Sie kämpfen mit Stürmen, ein Orca attackiert das Boot
des Kapitäns und beschädigt den Vorsteven, die Vorräte nehmen rapide ab. Sie mühen sich,
Regenwasser mit den Segeln aufzufangen. Die Boote werden nach Westen vertrieben.
Sie halbieren die Rationen.
Am 20. Dezember erreichen sie die verlassene Henderson Insel. Hier finden sie eine Wasserquelle, fangen Vögel
und Krebse, sammeln Beeren. Als sie sechs Tage später wieder in See stechen bleiben drei Mann auf der Insel
zurück. Sie glauben dort länger am Leben zu bleiben als in den Booten. Einige Tage später finden
diese drei in einer Höhle acht menschliche Skelette!
|
|
|
Owen Chase Boot wird durch Sturm und bei starkem Regen von den beiden anderen Booten getrennt.
Die Verpflegung geht wiederum dem Ende zu.
Sie hungern und sind am Verdursten. Die Kräfte schwinden, einige Männer stammeln wirres Zeug. In den
folgenden Wochen sterben in den drei Booten insgesamt fünf Männer. Die Überlebenden
zerstückeln die Körper und essen sie auf.
|
In einem Boot wird sogar ausgelost, wer getötet werden
soll, um ihn zu verspeisen. Es trifft den Schiffsjungen. Er wird erschossen und ebenfalls gegessen.
Am 28. Januar verliert Kapitän Pollard den Kontakt zu dem dritten Boot. Es wurde
nie wieder gesehen.
|
|
|
Am 18. Februar 1821, nach drei Monaten auf See, wird das Boot vom 1. Steuermann Owen Chase vom Segler
"Indian" entdeckt und drei erschöpfte Seeleute an Bord geholt. Fünf Tage später werden Kapitän
Pollard und ein weiterer Matrose von dem Walfänger 'Eagle' gerettet.
|
Anfang April werden die drei Seeleute
von der Henderson Insel von einem Handelsschiff an Bord genommen. Insgesamt acht Männer der "Essex"
haben überlebt, dreizehn starben. Als die Überlebenden nach Nantucket zurückkehren ist die
Bevölkerung über den Kannibalismus entsetzt, doch niemand macht ihnen Vorwürfe.
|
Im Sommer schreibt Owen Chase das Buch das den folgenden langen Titel hatte: "Erzählung des höchst
außergewöhnlichen und erschütternden Untergangs der "Essex", eines Walfängers aus Nantucket,
der im Pazifischen Ozean von einem Pottwal attackiert und schließlich versenkt wurde, samt eines Berichts der
unvergleichlichen Leiden des Kapitäns und der Crew während der 93 Tage in offenen Booten in den
Jahren 1819 und 1820."
|
|
Als das Buch erscheint, ist Chase schon wieder auf See. Er wird in den Folgejahren ein bekannter
Walfangkapitän. 20 Jahre später liest der Matrose Herrman Melville an Bord der "Acushnet"
dieses Buch in einer Nacht durch. Es inspiriert ihn zu seinem Roman 'Moby Dick oder der weisse Wal', der als einer
der größten Romane der amerikanischen Literatur bezeichnet wird.
|
| Zurück zum wahren 'Mocha Dick'.
Er wurde im Jahre 1859 von einem schwedischen Walfänger erlegt. Zu der Zeit war er schon altersschwach
und angeblich auf einem Auge blind, so dass er sich nicht mehr richtig wehren konnte. 19 Waffen steckten in seiner
Haut, die von Narben übersät war. Er hatte in über 100 Kämpfen viele Fangboote und einige
grosse Barken wie die "Essex" zerstört. Dabei starben mindesten 30 Seeleute.
|
|
Neben der "Essex" wurden auch weitere Schiffe von Walen versenkt.
Die bekanntesten 'Kampfwale', die ihre Herden
verteidigten und praktisch in Notwehr handelten, bekamen von den Matrosen Namen wie 'Mocha Dick', 'Timor Jack'
und 'New Zealand Tom'.
Sie zerstörten meist nur die Beiboote, aber auch grosse Segler wie die "Union" (1807),
"Essex" (1820), "Pusie Hall" (1835),
"Two Generals" (1838), "Pocahontas" (1850) und "Ann Alexander" (1851).
Und vor der japanischen Küste soll ein
Wal vier Schiffe angegriffen und zwei versenkt haben.
|
|
Der Roman "Moby Dick" wurde mehrfach verfilmt.
1956 spielte Gregory Peck die Hauptrolle als Kapitän Ahab, siehe Marke.
Sieht so ein besessener Walfang-Kapitän aus? Das war eine Fehlbesetzung.
1998 erschien ein Zweiteiler mit eindrucksvollen Aufnahmen, sehenswert.
|
Quellen: Gary Kinder, Verloren im Pazifik, GEO Nr. 6, 2000
Lutz Bunk, 50 Klassiker, Schiffe
A.B.C. Whipple, Die Walfänger, Time Life Bücher,
einige Marken wurden freundlicherweise von Herrn Klaus-Peter Reinhardt zur Verfügung gestellt.
|
|
|